Wir Kieler Gelbwesten sind keine Partei, keine Organisation und auch kein Verein. Wir sind einfach nur Menschen, die miteinander und füreinander gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft auf die Straße gehen. Und ja, wir spalten nicht. Wir wollen auf unseren Demos keine Parteiinsignien sehen und auch nicht wissen, wer wo sein Kreuz auf einem Wahlzettel macht. Schließlich sind wir alle Menschen und sitzen insofern alle in einem Boot.
Wir hatten bereits im März unsere „Demo Kiel“ abgesagt, damit möglichst viele Kieler Gelbwesten stattdessen an der großen Demo von „Gemeinsam für Deutschland“ in Neumünster teilnehmen konnten. Rund 1.300 Herzensmenschen waren dort auf der Straße. Viele Teilnehmer haben bezeugt, dass die Polizei vor Ort einen richtig guten Job gemacht hat. Der Aufzug konnte unbehelligt von der Gegendemo seinen Weg durch die Stadt beschreiten.
Desolate Zustände in Flensburg
Ganz anders am Samstag, den 26. April 2025. Wieder starteten die Demos von „Gemeinsam für Deutschland“ bundesweit, diesmal an drei Standorten in Schleswig-Holstein, so in Flensburg, in Itzehoe und in Bad Schwartau. Wir Kieler Gelbwesten haben uns dafür entschieden, nach Flensburg zu fahren.
Bundesweite Demonstrationen „Gemeinsam für Deutschland“ gehen natürlich gar nicht. Das ist zu groß, zu viel Widerstand und ggf. zu medienwirksam. Ich sage es kurz: Die Flensburger Polizei war der Situation nicht gewachsen und auch in vielen anderen Bundesländern ging es hoch her. In Flensburg sah die Polizei sich nicht in der Lage, die rund 300 Teilnehmer der Demonstration angemessen zu schützen. Nach verspätetem Start, einem langen Halt auf der Tour, einem insgesamt abgekürzten Aufzug mit verfrühter Kundgebung wurden die Teilnehmer zum Startpunkt zurückgeführt, weil man sie nicht ausreichend vor den Gegendemonstranten schützen könne… ein peinliches Armutszeugnis für die Polizei. Immerhin ist der Termin im Vorfeld ausreichend bekannt gewesen und auch die Gegendemos waren im Vorfeld bekannt. Man hätte also Zeit gehabt, Kräfte aus z.B. Kiel und/oder Eutin mit hinzuzuziehen.
Einige Teilnehmer unken, dass das ja gar nicht gewollt gewesen wäre. Sie fühlten sich nicht ausreichend beschützt und vermuten anhand der Berichterstattung der Presse, dass der mangelnde Schutz ggf. auch beabsichtigt gewesen sein könnte, um Widerstand in Deutschland zu unterdrücken. So weit gehen wir Kieler Gelbwesten nicht, wenngleich wir den mangelnden Schutz bestätigen können. Auch einer aus unseren Reihen wurde angegriffen. Eine andere Kieler Gelbweste hat wehrhaft eingegriffen. Gut, dass wir eine ganze Reihe Security-erfahrener Menschen in unseren Reihen haben…
Desolate Zustände bei den Medien
Die „Tagesschau“ titelte „Protest, Gegenprotest, Warnung“ und berichtet im ersten Absatz:
„Das neue Protestbündnis „Gemeinsam für Deutschland“ hat Tausende Menschen mobilisiert. In mehreren Städten gab es große Gegendemos. Der Verfassungsschutz beschäftigt sich mit der Gruppierung und warnt.“
tagesschau, 27.04.2025
Und weiter:
‚“Dies sind per se keine rechtsextremistischen oder anderweitig verfassungsschutzrelevanten Forderungen“, so die Einschätzung des Verfassungsschutzes. Dennoch warnt er: Es sei ein bekanntes Vorgehen extremistischer Akteure, gesellschaftliche Spannungen und Proteste für sich zu nutzen, um die eigene Ideologie zu verbreiten und auch für nicht-extremistische Gesellschaftsteile „anschlussfähig zu erscheinen“…‘
tagesschau, 27.04.2025
Ach so…, dass es „ein bekanntes Vorgehen extremistischer Akteure “ ist, gesellschaftlich relevante Misstände auszunutzen, um mehr Zulauf zu erhalten, das rechtfertigt, Hunderte von Menschen verfassungsschutzrechtlich schon vorab in einen vermeintlich rechten Extremismus-Topf zu werfen? Da wird unterstellt, die Teilnehmer seien ggf. zumindest zu blöd, um zu merken, dass sie möglicherweise vor einen rechtsextremistischen Karren gespannt werden?
Es gab Zeiten in Deutschland, da galt zunächst grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Schuldig ǵesprochen wurde man erst nach ausreichender Beweislage. Das scheint sich aktuell wohl geändert zu haben. Zumindest scheint es mittlerweile statthaft zu sein, über die Presse vorab schon mal mit einer Art Vorverurteilung an den Start zu gehen.
Die „Welt“ titelt am 26. April 2025 „Übergriffe auf Polizisten – Proteste gegen rechte Demonstrationen von ‚Gemeinsam für Deutschland'“. Das liest sich auf den ersten Blick doch so, als hätten die Demo-Teilnehmer Polizisten angegriffen, oder? Erst im Weiteren erfährt der geneigte Leser, dass Polizeibeamte aus einer Gruppe von teilweise vermummten Demonstranten aus dem linken Spektrum angegriffen wurden.
Wir bleiben standhaft
Es ist verständlich, dass viele Menschen nicht an Demonstrationen teilnehmen, wenn sie von Gewalt gegen Demonstranten hören oder lesen. Für viele Menschen reicht es dabei schon, dass sie sich von den Medien diskreditiert fühlen. Letztlich ist es aber doch so, dass die, die vor diesen Hintergründen klein beigeben, all dem, was sie politisch nicht für ihre Zukunft wollen, den Weg bereiten.
Wir Kieler Gelbwesten sagen: „Lasst uns nicht klein beigeben. Je mehr Menschen auf der Straße sind, desto weniger wird es Presse und Politikern gelingen können, uns mundtot zu machen.“
Wir Kieler Gelbwesten sind mitunter nur mit sehr wenigen Menschen auf der Straße, dafür aber beständig Woche für Woche. Es ist hohe Zeit, dass wir mehr werden. Wir treffen uns jeden Samstag um 15 Uhr auf dem Kieler Exerzierplatz, laufen dann eine kleine Runde durch die Innenstadt und enden mit einer Abschlusskundgebung.