Steigende Energiekosten, Inflation, Personalmangel: In einem breiten Bündnis warnt die Ärztegenossenschaft Nord nicht nur vor den kurzfristigen Folgen für die ambulante Versorgung kranker Patienten und Patientinnen in Schleswig-Holstein.
„In unseren Praxen geht das Licht aus“. Unter diesem Motto startet die Ärztegenossenschaft Nord gemeinsam mit zahlreichen ärztlichen Berufsverbänden und Praxisnetzen aus Schleswig-Holstein eine neue Protestreihe. Der erste Aktionstag ist der 7. Dezember 2022. Symbolisch werden dann Ärzte und Ärztinnen im ganzen Land das Licht und die Heizungen ausschalten.
Hintergrund sind die stark steigenden Energiepreise, die Arztpraxen hart treffen. So verbraucht zum Beispiel eine durchschnittliche Dialysepraxis rund 300.000 kWh Strom jährlich. „Aber auch in den Praxen der haus- und fachärztlichen Grundversorgung wird heutzutage viel energieintensive Technik verwendet“, sagt Dr. Axel Schroeder, Urologe und stellvertretender Vorsitzender der Ärztegenossenschaft.
Kürzere Sprech- und längere Wartezeiten
Die zusätzlichen Kosten könnten sie nicht weitergeben. Im Gegenteil: „Das Honorar steht fest und erhöht sich 2022 nur um zwei Prozent. Das reicht nicht einmal, um die Lohnsteigerungen bei den Angestellten auszugleichen – und die Kassen fordern künftig eine Nullrunde“, erklärt Axel Schroeder. „Zudem weiß ich als Arzt auch immer erst ein halbes Jahr später, wie viel Geld ich im jeweiligen Quartal wirklich verdient habe.“ Die Unsicherheit sei groß.
Anstatt den Niedergelassenen zu helfen wie den Kliniken, für die ein Entlastungspaket geplant ist, kürze die Politik mit der Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung („GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“) auch noch Leistungen – etwa mit dem Wegfall der Neupatientenregelung. „Viele werden überlegen müssen, Geräte abzuschalten, um zu sparen“, sagt Axel Schroeder. Die Folge: reduzierte Sprech- und Behandlungs- sowie längere Wartezeiten für Patienten und Parientnnen.
Und immer weniger Haus- und Fachärzte
Das Aktionsbündnis um die Ärztegenossenschaft warnt aber nicht nur vor den kurzfristigen Folgen, die die Energiepreisexplosion zusammen mit der allgemeinen Inflation sowie dem Fachkräftemangel haben könnte: „Schon länger finden Praxen schwer Nachfolger“, so Svante Gehring, Hausarzt und Vorsitzender der Ärztegenossenschaft. Angesichts dessen, dass in Schleswig-Holstein etwa ein Drittel der Vertragsärzte und -ärztinnen über 60 Jahre alt sei, brauche es Unterstützung und eine verlässliche Perspektive. „Ansonsten geht bald in vielen Praxen das Licht aus“, so Svante Gehring.
Das Bündnis um die Ärztegenossenschaft belässt es deshalb auch nicht bei einem Protesttag, sondern organisiert eine ganze Reihe – und zwar ein Quartal lang. Nach dem Start am 7. Dezember plant das Bündnis, im Januar speziell auf den Fachkräftemangel im ambulanten Bereich aufmerksam zu machen.
Video-Beitrag aus dem YouTube-Kanal der Ärztegenossenschaft Nord eG
Quelle: Pressemitteilung Ärztegenossenschaft Nord, 23.11.2022