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Wir brauchen den großen Wurf, nicht den Untergang von Demokratie und Grundrechten

Das politische System der Bundesrepublik Deutschland wird vom Bundesverfassungsgericht als „streitbare, wehrhafte Demokratie“ bezeichnet. In ihr wird die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) geschützt. Sie kann nicht auf legalem Weg oder durch Mehrheitsbeschlüsse aufgehoben werden. Gegen verfassungsfeindliche Einzelpersonen und Personenzusammenschlüsse (Parteien, Vereine und Organisationen) kann präventiv vorgegangen werden, bevor sie gegen die fdGO vorgehen können.

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Manch einem scheint genau dieses mögliche Vorgehen gegen Einzelpersonen, Organisationen und/oder Parteien verwerflich und undemokratisch zu sein. Bedeutet das Wort Demokratie dem Grunde nach denn nicht „Volksherrschaft“? Und steht das nicht auch für Meinungsvielfalt? Ja, das ist richtig. Tatsache ist aber auch, dass genau dieser Part der Rechtsprechung aktuell davor schützt, dass z.B. eine Partei nach Mehrheitsbeschluss die Bundesrepublik Deutschland als Diktatur regieren und alle Grundrechte über den Haufen werfen kann.

Freiheitlich-demokratische Grundordnung (fdGO) – Was ist das?

Der Begriff fdGO beruht im Wesentlichen auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1952 zum Verbot der rechtsextremistischen Sozialistischen Reichspartei (SRP). Die damalige Definition des Bundesverfassungsgerichts wurde später in § 4 Absatz 2 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) übernommen. Das BVerfSchG wurde im Jahr 1990 verabschiedet.

Dem Grunde nach enthält die fdGO all das, was fast jeder Mensch für schützenswert erachtet:

  1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
  2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
  5. die Unabhängigkeit der Gerichte,
  6. der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
  7. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.

Eine entsprechende Aufzählung findet sich bis auf die letzte Ziffer auch in § 92 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) für das politische Strafrecht.

Niemand bei den Kieler Gelbwesten ist der Meinung, dass wir die Grundsätze der fdGO aufgeben sollten. Im Gegenteil: Wir treten dafür ein, genau diese Werte zu schätzen und zu schützen. Allerdings lässt die langanhaltende Einschränkung von Grundrechten bundesweit bei vielen Menschen den Gedanken aufkommen, dass die Bundesregierung aktuell Lücken in diesem System für sich ausnutzt, um – mit Machtbefugnissen bestückt – Interessen zu verfolgen, die ggf. nicht im Sinne der Bürger und Bürgerinnen sein könnten.

Es geht aktuell nicht um Schuldzuweisungen

Die deutsche Bevölkerung ist derzeit gespalten. So gibt es beispielsweise aktuell die Gruppe, der der Schutz vor Corona gar nicht weit genug gehen kann und auf der anderen Seite die Gruppe, die die Corona-Maßnahmen in die Selbstverantwortung der Bürger und Bürgerinnen abgeben möchte. Es gibt die Putin-Befürworter und auf der anderen Seite die, die für die Ukraine eintreten. Egal, welche neue Front sich auftut, Schuld sind immer die anderen und die gegenseitigen Beschimpfungen nehmen mittlerweile ein unerträgliches Ausmaß an. Alles ist nur noch schwarz oder weiß.

Darüber wird oftmals vergessen, dass wir in unserem Land auch an uns denken müssen, daran unsere Grundrechte zu wahren und daran sinnvolle Lösungen für die Probleme in unserem Land zu finden.

Extreme Situationen fordern kreative Lösungen

Wir von den Kieler Gelbwesten gehen auf die Straße, um auf die vielen Baustellen und Krisen in der Bundesrepublik Deutschland aufmerksam zu machen. Und ja, es ist nicht unsere Aufgabe, Lösungen zu präsentieren. Denn dafür haben wir unsere Volksvertreter in den Bundestag gewählt. In schwierigen Zeiten erwarten wir mit Fug und Recht, dass die Dinge, die in der Vergangenheit schon schief gelaufen sind – z.B. Lehrermangel, Ärztemangel, Fachkräftemangel und vieles andere mehr -, wieder gerichtet werden. Dabei hoffen wir, eine kreative Regierung zu haben, die über ihre Legislaturperiode hinausdenken kann und die bereit ist, umfangreiche Reformen anzugehen, die unser aller Leben nachhaltig bereichern.

Derzeit ist allerdings nur zu sehen, dass unsere Grundrechte zunehmend eingeschränkt werden, dass unsere Wirtschaft an die Wand gefahren wird und dass unsere Bundesregierung ihre Wähler und Wählerinnen nicht ernst nimmt und eigentlich auch nicht vertreten will:

Annalena Baerbock (Grüne), Bundesministerin des Auswärtigen

Annalena Baerbock war am 21. August 2022 auf einer Podiumsdiskussion in Prag und sprach dort über den Ukraine-Krieg. Ins Deutsche übersetzt sagte sie u.a. Folgendes:

„Wenn ich dieses Versprechen an die Ukrainer gebe: ‚Wir stehen so lange an Eurer Seite, wie Ihr uns braucht’, dann möchte ich auch liefern, egal was meine deutschen Wähler denken, aber ich möchte für die ukrainische Bevölkerung liefern.“

Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler

Olaf Scholz sprach im April 2022 zwei Stunden mit der US-Zeitschrift Time. Dabei fielen bemerkenswerte Sätze über seine Vorstellung von Führung…

„Seiner Ansicht nach wurde er vom deutschen Volk beauftragt, das Land so zu führen, wie er es für richtig hält – und nicht, wie es die Umfragen sagen“, schreibt die Autorin Lisa Abend. Dann wird es wirklich spannend: „Wenn man eine gute Führungspersönlichkeit ist, hört man auf das Volk“, sagt Scholz und ergänzt: „Aber man meint nie, das Volk will genau das, was es fordert.“ („But you never think they really want you to do exactly what they propose.“)

Berliner Zeitung, 27.04.2022 | Link zum Original-Beitrag (engl.)

Trotz aller Widernisse brauchen wir für Deutschland einen kreativen großen Wurf und nicht dass Klein-Klein vor dem Hintergrund von Corona und dem Ukraine-Krieg.

Wir fordern die Bundesregierung auf, ihrem von den Bürgern und Bürgerinnen erteilten Auftrag gerecht zu werden und nicht gegen die Wähler und Wählerinnen dieses Landes zu agieren!

(BB)

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