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Das Dilemma mit dem Selbst­­be­stim­­mungs­ge­setz

Ein Beitrag von einer Demoteilnehmerin:

Unsere Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin möchte das alte Transsexuellengesetz von 1981 mit dem „Selbst­be­stim­mungs­ge­setz“ ablösen. Künftig soll dann jede/r zum Standesamt gehen und dort eintragen lassen können, welchem Geschlecht er sich gerade zugehörig fühlt.


Worum geht es bei dem Selbst­be­stim­mungs­ge­setz?

Den Rahmen gibt zunächst einmal das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG | auch genannt: „Antidiskriminierungsgesetz“) vor.

„Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“AGG $ 1

Hier taucht erstmalig der Begriff der „sexuellen Identität“ auf, zu der die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Folgendes schreibt:

„Sexuelle Identität – Homo- und bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen werden oft unter der Bezeichnung LSBTIQ* zusammengefasst. LSBTIQ* steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, inter* und queere Personen. Das Sternchen* steht stellvertretend für weitere Identitäten.

Der im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verwendete Begriff der sexuellen Identität sollte ursprünglich alle diese Personengruppen umfassen. Mittlerweile hat die europäische Rechtsprechung jedoch klargestellt, dass trans* und inter* Personen im AGG rechtlich durch das Merkmal Geschlecht geschützt sind, da es sich um eine Geschlechtsidentität handelt und nicht wie bei Lesben, Schwulen und Bisexuellen um eine sexuelle Orientierung.“Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Es geht also darum, dass die Menschen, die gefühlt mit einer falschen biologischen Zugehörigkeit geboren wurden, nicht diskriminiert werden dürfen, sondern gleichgestellt sein müssen. Und ja, für diese Menschen ist es ein Kampf… ein Kampf um Anerkennung, ein Kampf um Freiheit und ein Kampf um Rechte.

So ein Kampf ist vor dem Hintergrund der Geschichte der Frauenbewegung bekannt. Seit mittlerweile mehr als 200 Jahren kämpfen Frauen für ihre Gleichberechtigung. Dabei ging es zunächst um rechtliche Zugeständnisse, wie die Erlangung des Frauenwahlrechts, die Erlangung des Rechts auf Erwerbstätigkeit und Bildung für Frauen. Das hielt 1918 Einzug in die Gesetzgebung. Das vormalige Denken war allerdings so fest in der Gesellschaft verankert, dass es in viele Ehen und Familien kaum Einzug hielt und dort oftmals bis heute nachklingt.

Ich erinnere mich an meine Mutter, 1922 geboren. Sie hatte 1960 nach meiner Geburt auf Wunsch meines Vaters ihren Job als Verkäuferin aufgegeben. In den 1980ern, als ich schon Ü20 war, traute sie sich nicht, meinem Vater zu sagen, dass sie gerne wieder Sport machen würde. Sie hatte unter anderem Bedenken, weil sie dann ja nicht das Essen fertig hätte, wenn mein Vater nach Hause käme und auch ganz allgemein Angst vor seiner möglichen Reaktion sowie auch vor den Bemerkungen, die abfällig aus ihrem Umkreis kommen könnten. Es hat mich einiges an Überredungskünsten gekostet, sie zu überzeugen, dass auch sie ein Recht auf ihr eigenes Leben und Wohlbefinden habe. Irgendwann hat sie meinem Vater ihren Entschluss präsentiert, aufrecht und ohne Duldung eines Widerspruchs. Und auch wenn es nichts mit dem Geständnis der Geschlechtsidentität zu tun hatte, war es für sie schwer, geradewegs wie ein Coming-out.

Wenngleich trans* und inter* Personen heutzutage zumindest nicht befürchten müssen, hingerichtet oder als Eigentum gehändelt zu werden und auch keine Angst haben müssen, nicht beschult zu werden oder nicht zur Wahl gehen zu dürfen, ist das Streben nach Anerkennung und der Kampf um Gleichberechtigung durchaus ähnlich. Es gilt hier wie da, die Wahrnehmung in der Gesellschaft zu verändern und die Selbstverständlichkeit zu erreichen.

Wo ist das von der Presse und in Social Media heiß diskutierte Problem?

Diskutiert wird aktuell zumeist, dass Menschen mit Penis nach Inkrafttreten des Gesetzes gemäß ihrer Eintragung beim Standesamt Zutritt zu z.B. einer Frauensauna erhalten könnten. Diese Interpretation repräsentiert allerdings eine starke Vereinfachung. Aus Frauensicht geht es nämlich – auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist – nicht darum, die „gefühlten Frauen“ aus Frauen-Räumen und Frauen-Schutzräumen zu verbannen. Vielmehr geht es darum, dass es auch Männer gibt, die sich als Männer fühlen und sich darin gefallen, Frauen zu belästigen, sie zu begaffen, ihnen nachzustellen und/oder sie ggf. zu vergewaltigen. Genau diesen Männern möchte keine Frau in der Sauna oder in der Dusche des Schwimmbads gegenüberstehen. Das sind Männer, die in Frauen berechtigterweise Angst auslösen. In Anbetracht ihres Äußeren können sie bedauerlicherweise nicht von den Männern unterschieden werden, die sich tatsächlich als Frau fühlen und die niemals einer Frau zu nahe treten würden.

Hier greift das Selbstbestimmungsgesetz zu kurz. Auch wenn es trans* und inter* Personen gegenüber nicht fair isr, weil sie es nicht verdient haben, mit Sexualstraftätern in einen Sack geworfen zu werden, ist es doch so, dass auch die Frauen mit ihrer Angst vor übergriffigen Männern ein Recht auf eine sichere und anerkannte Existenz haben. Es darf nicht sein, dass solchen Männern vor dem Hintergrund des Selbstbestimmungsgesetzes der Zugang zu Frauen(schutz)räumen erleichtert wird.

Ein Mann aus unserer Kieler-Gelbwesten-Gruppe formulierte das folgendermaßen:

„Hier gewichte ich die körperliche Unversehrtheit von einer Vielzahl von Frauen höher als die psychische Belastung von Wenigen.“

Als Frau fordere ich die Bundesregierung auf, dieses Gesetz nicht so passieren zu lassen, wie es jetzt als Entwurf vorliegt. Es mag für die betroffenen Menschen hart sein, vor der Eintragung ihr ganzes Leben offenlegen zu müssen. Letztlich ist aber genau das ser einzige Weg, der geeignet scheint, Frauen einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten.

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